»Besonders und doch ganz normal«
Main-Echo Pressespiegel

»Besonders und doch ganz normal«

Familienmodelle: Franziska Börner aus Schöllkrippen veröffentlicht Kinderbuch für mehr Offenheit und Toleranz
SCHÖLLKRIPPEN  Von un­se­rer Mit­ar­bei­te­rin ME­LA­NIE POL­LIN­GER»Mein En­kel ist je­des Mal to­tal trau­rig, wenn ich ihm ei­ne Ge­schich­te vor­le­se, in dem ei­ne Ma­ma vor­kommt. Warum gibt es nicht auch Ge­schich­ten mit Omas und Opas, bei de­nen ein En­kel­kind auf­wächst? « Diese Frage war die Initialzündung für Franziska Börner, besondere Kindergeschichten von ganz unterschiedlichen Familien zu erzählen: Patchworkfamilien, Pflegefamilien, Flüchtlingsfamilien, Familien mit gleichgeschlechtlichen Partnern, mit Adoptivkindern und Stiefgeschwistern.
»Jede Familie ist besonders, einzigartig, und doch ganz normal« lautet der Titel von Franziska Börners Erstlingswerk, das nun im Selbstverlag erschienen ist. 13 kindgerechte Kurzgeschichten sind in dem 54-seitigen Buch zusammengefasst. Die Illustrationen stammen von Jasmin Krilla aus Leipzig. Als Begleitmaterial gibt es ein 79-seitiges Arbeitsbuch mit Fragen und viel Platz für Antworten, zum Beispiel darauf, was der eigenen Familie wichtig ist. Auch Anregungen zu gemeinsamen Unternehmungen finden sich im Arbeitsbuch.
Sozialpädagogin
Börner ist 26 Jahre alt und von Beruf Sozialpädagogin und Sozialarbeiterin. Seit Juli 2021 wohnt sie wieder in ihrem Geburtsort Schöllkrippen, zusammen mit ihrem Freund, einem Polizisten, und dem 15 Monate alten Söhnchen. Zuvor war Börner fünf Jahre im allgemeinen sozialen Dienst und im Jugendamt der Stadt Bochum tätig. Dort habe sie mit den unterschiedlichsten Familien zusammengearbeitet, erzählt die Autorin dem Medienhaus Main-Echo beim Treffen in ihrem Zuhause. Die wenigsten der von ihr in Bochum betreuten Familien, so Börner, hätten dem klassischen Modell entsprochen: Vater und Mutter verheiratet, ein bis mehrere leibliche Kinder.
Eine von Börners Bochumer Klientinnen war die Großmutter, die sie auf die Idee mit den besonderen Geschichten über Familien brachte, die nicht den gängigen Vorstellungen entsprechen.
»Im Freizeitpark« heißt die Geschichte von Finn, der bei Oma und Opa wohnt, in einem großen Zimmer mit all seien Lieblingsspielsachen. »Finns Mama ist sehr krank und kann ihn nicht zum Kindergarten bringen, für ihn kochen oder ihn zum Fußball fahren. Sein Papa wohnt weit weg und arbeitet in einer anderen Stadt.« Die Autorin stellt die Situation der Kinder nicht als defizitär dar, sondern als »ganz normal«. Finn zum Beispiel »findet es toll, bei Oma und Opa zu leben. Er hat sie sehr lieb«.
»Im Schwimmbad« ist die Geschichte von Marie, die zwei Mamas hat. »Mama Sandra und Maries Papa haben ich getrennt, als sie 2 Jahre alt war und dann kam irgendwann Mami Ellen dazu. Sie ist lustig, spielt mit Marie, kocht für sie Essen und bringt sie ins Bett.« Mami Ellen erwartet nach einer Samenspende ein Baby. »Marie findet es großartig mit so vielen Frauen zu Hause und sie freut sich schon riesig auf das Baby.«
Franziska Börner möchte mit ihren Geschichten zeigen, dass Kinder ohne Sorgen in einem liebevollen Umfeld aufwachsen können, auch wenn ihre Situation nicht einfach ist. »Das Fußballspiel« zum Beispiel handelt von Arian, der seine Mannschaft zum Sieg führt und begeistert gefeiert wird. Um gut Fußball zu spielen ist es egal, welche Sprache man spricht, weiß Arian. Er ist mit seinem Vater aus Afghanistan geflohen und wohnt in einer Unterkunft mit anderen Geflüchteten.
In ihrem Vorwort richtet sich die Autorin an die Erwachsenen, die ihre Geschichten vorlesen und mit den Kindern darüber sprechen werden. In gut verständlicher Sprache vermittelt die Sozialpädagogin das Hintergrundwissen zu verschiedenen Familienmodellen, zur kindlichen Entwicklung und Sozialisierung. Im Anhang gibt es ein sechsseitiges Glossar zu Begriffen wie Adoption, beratende Hilfen oder Wohngruppe.
Gewisse familiäre Hintergründe seien leider immer noch Grund für Mobbing und Ablehnung, schreibt Börner. Sie möchte mit ihrem Buch zu mehr Offenheit und Toleranz beitragen.
Von Kind an gelernt
Offenheit und Toleranz hat sie selbst von Kind an gelernt. Ihre Eltern waren mit zwei Pflegefamilien befreundet. »Seit ich denken kann, gab es da immer Pflegekinder«, erzählt Börner. Als sie 17 gewesen sei und ihre Schwester 15, hätten auch ihre Eltern erstmals Pflegekinder in die Familie aufgenommen. »Auf einmal hatten wir noch zwei kleine Geschwister und fanden das toll.« Irgendwann sei ein drittes Kind dazugekommen und vorübergehend ein viertes. Jugendliche wurden in der Einliegerwohnung untergebracht. Noch heute seien ihre Eltern begeisterte Pflegeeltern, aktuell von zwei Dauerpflegekindern und von drei Kindern in der Bereitschaftspflege, für die noch feste Familien gesucht werden. »Und ich bin die Pflegeschwester«, sagt Franziska Börner, die bald ein weiteres Buch veröffentlichen möchte.
Buchbestellung und weitere Infos im Internet: https://www.franziboerner.de

16.02.2022
mehr unter www.main-echo.de
Schließen Drucken Nach Oben