« Die Krombacher Musikanten trotzen der Pandemie. Man könnte auch hinschreiben: Blasmusik in schwieriger Zeit. Ein Probenbesuch.
Gleich vorweg: Schon fast penibel kümmern sich die Krombacher Musikerinnen und Musiker um die Corona-Auflagen. Alle 20 Minuten wird im Pfarrheim gelüftet, das in Virus-Zeiten als Proberaum dient, weil hier mehr Platz ist als im eigentlichen Domizil der Blasmusiker in der Alten Schule.
Alle sind voll bei der Sache
Wer ins Pfarrheim kommt, hat seine Maske auf. Wer seinen Platz im Orchester verlässt, zückt sofort den Mund- und Nasen-Schutz. Am Eingang steht Desinfektionsmittel bereit. Das Wasser aus den Blasinstrumenten tropft auf Hygienetücher, die nach der Probe entsorgt werden?
?und in der Probe geht es konzentriert zu. Ob Tubist, Trompeter oder Flötistin: Alle sind voll bei der Sache. Lisa Huth führt das Blasorchester souverän. Die 30-Jährige aus Westerngrund arbeitet seit acht Jahren mit den Krombacher Musikern. Sie hat mit 17 ihren Dirigentenschein gemacht. Studiert hat sie Instrumentalpädagogik (Querflöte/Klavier) in Frankfurt. In der hiesigen Blasmusikszene ist sie bekannt - sie dirigiert fünf Kapellen und gibt Unterricht.
Lisa Huth sagt, sie fühle sich bei den Krombachern »sehr wohl«. Es sei ein »angenehmes Miteinander«. Die Krombacher seien »offen für Musikexperimente«.
Das kann man so auch in der Probe erleben. Im Repertoire haben die Musiker sowohl die klassisch-böhmische Polka als auch modernere Weisen. »Ain't no Mountain high enough« wird da aufgelegt, ein Arrangement der Dirigentin. Oder »Sweet Caroline«, ebenfalls von Lisa Huth bearbeitet. Nicht fehlen darf die »Böhmische Liebe«, eine oft gespielte Polka. Sogar der »Skandal im Sperrbezirk« ist an diesem gut eineinhalbstündigen Probenabend zu hören. »American March Highlights«, »Spirit of '69« und die Kuschel-Polka sind weitere Titel.
Dirigentin Huth unterbricht hier und da die Stücke, gibt freundlich und bestimmt klare Anweisungen. Bei einer Polka ist ihr der Einstieg zu laut. Da seien dann keine dynamischen Steigerungen mehr möglich. Leiser loslegen. Und weil ihre Musiker gut zuhören, gelingt die Steigerung schon beim zweiten Versuch. »Ja. Jetzt sind wir auf einem guten Weg«, ist die Frau mit dem Taktstock zufrieden.
Gefeilt wird bei den Stücken am Tempo, wobei dem Schlagzeuger die tragende Rolle zukommt. Stehen Taktwechsel an, weist die Orchesterleiterin rechtzeitig darauf hin. So vergeht die Zeit schnell. Schon ist Schluss mit der Probe.
Sein Tenorhorn eingepackt hat gerade Michael Jung. Der 44-Jährige gehört zum Vorstandsteam des 1964 gegründeten Musikvereins. Jung ist gebürtiger Krombacher und lebt in Geiselbach-Omersbach. Musik macht er seit 1989. Die Blasmusikkapelle, sagt Jung, bestehe aus 20 bis 25 Musikern im Alter von 15 bis 63 Jahren. Zudem gebe es im Verein ein Jugendorchester mit zehn Musikern. In der musikalischen Früherziehung habe man gar mehrere Klassen. Zudem biete der Verein Instrumentalausbildung an.
Sommer-Serenade auf dem Pfarrhof oder Herbstkonzert oder Frühjahrskonzert, Kirchgang, Prozessionen, Ständchen, Maifest, Festauftritte auswärts, Volksfestumzug in Aschaffenburg, Neujahr-Anspielen: Das sind die Höhepunkte im Vereinsjahr der Musikanten, sagt Jung. Wenn nicht gerade eine Pandemie den Bläsern einen Strich durch die Rechnung macht?
»Der Musikverein«, so Jung, »spielt im Krombacher Dorfleben eine tragende Rolle« (was auch Bürgermeister Peter Seitz bestätigt und betont). Nicht zuletzt biete er Verbundenheit und Geselligkeit. Um so schöner, dass mittlerweile trotz Corona wieder Proben und eventuell auch Auftritte möglich seien.
Notenständer und Instrument packt gerade Posaunist Arnold Rosenberger ein. Der 63-Jährige ist seit 52 Jahren dabei, wie er sagt. Ihm gefällt, dass viele junge Leute im Orchester mitmachen. Instrumentalist Rosenberger ist auch Sänger - und zwar im örtlichen Gesangverein.
Was ihm an seinem Dorf gefällt? Da muss er nicht lange überlegen. Das Vereinsleben (gut ein Dutzend Vereine). Die Natur. Der Kahlgrund im Allgemeinen.
Guter Zusammenhalt im Verein
Zur jungen Garde gehört Paul Glaab. Der 20-Jährige spielt Tuba. Warum er dabei ist? Vater, Onkel, Pate und Bruder sind ja auch dabei, antwortet er. Im Verein gebe es einen guten Zusammenhalt »Alt und jung - das passt.«
An seinem Krombach schätzt der Tubist und Informatik-Student (Fulda) die Vereinsaktivitäten und bald das schnelle Internet. Das neue Sport- und Freizeitgelände sei klasse. »Es passiert was im Dorf.«
Paul Glaabs Onkel Stefan ist Trompeter und Flügelhornist. Im Verein ist der 52-Jährige seit neun Jahren. Für Krombach wünscht er sich, »dass der Radweg, der in Planung ist, gut wird«.
Musikerinnen und Musiker packen derweil ihre Tenorhörner und Klarinetten in die Koffer, allmählich leert sich der Pfarrsaal. Draußen ist es dunkel. Manch einer verlässt die Musikprobe mit einer Melodie auf den Lippen.
Matthias Schwind (51) stammt aus Aschaffenburg-Gailbach; er ist seit 2000 Main-Echo-Redakteur. Trompete spielt er seit seinem zehnten Lebensjahr. In einer Blasmusik-Kapelle hat er schon lange nicht mehr mitgemacht. Da lag es nahe, für die Serie »75 Jahre - 75 Orte« eine Probe des Musikvereins Krombach zu besuchen. Anmerkung: Der Probenbesuch fand vor der Verschärfung der Corona-Regeln statt.
bAlle Folgen der Serie 75 Jahre - 75 Orte im Internet unter: www.main-echo.de/75jahre-75orte
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