Verbraucherinsolvenz und Restschuldbefreiung, Beantragung
Beschreibung
Das Verbraucherinsolvenzverfahren soll wirtschaftlich in Schwierigkeiten geratenen Personen über eine Restschuldbefreiung einen Neuanfang ermöglichen. Es kann bei Zahlungsunfähigkeit oder drohender Zahlungsunfähigkeit des Schuldners eingeleitet werden und führt unter bestimmten Voraussetzungen zu einer Restschuldbefreiung. Zugang zum Verfahren hat jede natürliche Person, sofern sie keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. War dies in der Vergangenheit der Fall, so gilt das Verbraucherinsolvenzverfahren nur dann, wenn die Vermögensverhältnisse überschaubar sind (weniger als 20 Gläubiger) und gegen den Schuldner keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen.
Das Verbraucherinsolvenzverfahren gliedert sich in mehrere Verfahrensschritte: die außergerichtliche Schuldenbereinigung, das gerichtliche Verfahren über den Schuldenbereinigungsplan und das Verbraucherinsolvenzverfahren mit Restschuldbefreiung nach dreijähriger Wohlverhaltensperiode (für seit dem 1. Oktober 2020 gestellte Eröffnungsanträge). Die beiden letztgenannten Verfahrensabschnitte werden nur durchgeführt, wenn nicht bereits einer der vorangegangenen Abschnitte erfolgreich war.
Außergerichtliche Schuldenbereinigung
Vor Stellung eines Insolvenzantrages muss der Schuldner eine außergerichtliche Schuldenbereinigung mit seinen Gläubigern versuchen. Er hat einen Plan auszuarbeiten, in welchem er seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse darlegt und einen konkreten Vorschlag zur Schuldenbereinigung unterbreitet.
Schon bei der Erstellung des Planes wird sich der Schuldner sinnvollerweise der Hilfe einer für die Schuldnerberatung geeigneten Person oder Stelle bedienen. Geeignete Personen sind von Berufs wegen insbesondere Rechtsanwälte/innen, Notare/innen und Steuerberater/innen. Geeignete Stellen sind in Bayern solche Schuldnerberatungsstellen, die von den Regierungen als solche anerkannt wurden. Auskünfte erteilen ggfs. die Regierungen und die Insolvenzgerichte (Amtsgerichte).
Gerichtliches Verfahren über den Schuldenbereinigungsplan
Führt das außergerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren zu keiner Einigung, kann der Schuldner bei Gericht Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen. Mit dem Antrag sind bei Gericht weitere Unterlagen und Erklärungen, insbesondere ein Schuldenbereinigungsplan vorzulegen. Er enthält den Vorschlag des Schuldners zur Durchführung der gerichtlichen Schuldenbereinigung. Erhebt kein Gläubiger Einwendungen gegen den Schuldenbereinigungsplan, so gilt er als angenommen. Er hat dann die Wirkung eines gerichtlichen Vergleichs, d. h. der Schuldner hat nicht mehr die ursprünglichen Forderungen der Gläubiger zu erfüllen, sondern nur noch die im Schuldenbereinigungsplan aufgeführten Verbindlichkeiten. Das Gericht kann die Zustimmung einzelner Gläubiger, die sich ausdrücklich nicht mit dem Plan einverstanden erklärt haben, unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag eines Gläubigers oder des Schuldners ersetzen.
Verbraucherinsolvenzverfahren mit Restschuldbefreiung nach dreijähriger Wohlverhaltensperiode
Scheitert auch der gerichtliche Einigungsversuch, entscheidet das Gericht über den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Liegen die erforderlichen Voraussetzungen vor, wird das Verfahren vom Gericht eröffnet. Das Gericht bestellt einen Insolvenzverwalter, der die Insolvenzmasse, d. h. das pfändbare Vermögen des Schuldners verwertet. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens trifft das Insolvenzgericht außerdem eine Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags des Schuldners auf Restschuldbefreiung. Der Antrag auf Restschuldbefreiung kann u. a. unzulässig sein, wenn dem Schuldner in den vergangenen elf Jahren bereits die Restschuldbefreiung erteilt oder in den letzten fünf Jahren wegen einer Insolvenzstraftat versagt worden ist oder der Schuldner vor oder nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten verletzt hat. Die Restschuldbefreiung wurde bislang vom Gericht nach einer Wohlverhaltensperiode von sechs Jahren erteilt. Aufgrund der ab dem 1. Oktober 2020 geltenden neuen Rechtslage gilt nunmehr eine Laufzeit des Restschuldbefreiungsverfahrens von einheitlich drei Jahren. So wird in allen ab dem 1. Oktober 2020 beantragten Insolvenzverfahren bereits nach Ablauf von drei Jahren ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens Restschuldbefreiung erteilt werden, wenn kein Versagungsgrund vorliegt. Für Insolvenzanträge, die zwischen dem 17. Dezember 2019 und dem 1. Oktober 2020 gestellt werden, wird die bislang regulär geltende Dauer von sechs Jahren schrittweise verkürzt.
Während der Wohlverhaltensperiode muss der Schuldner den pfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens oder einer dafür gewährten Ersatzleistung (z. B. Arbeitslosengeld) an einen vom Gericht bestimmten Treuhänder abführen. Der Schuldner ist u. a. verpflichtet, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben bzw. sich um eine solche zu bemühen. Die Erwerbsobliegenheit des Schuldners beginnt sogar bereits mit der Verfahrenseröffnung. Die Restschuldbefreiung ist dann zu versagen, wenn dies von einem Insolvenzgläubiger, der seine Forderung angemeldet hat, beantragt worden ist und der Schuldner bis zum Ende der Wohlverhaltensfrist vorsätzlich oder fahrlässig gegen seine Erwerbsobliegenheit oder seine anderen Obliegenheiten verstoßen und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt hat. Mit der Restschuldbefreiung sind dem Schuldner sämtliche zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehenden Schulden erlassen. Ausgenommen von der Restschuldbefreiung sind allerdings Verbindlichkeiten aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, aus Geldstrafen, Geldbußen, Zwangs- und Ordnungsgeldern, aus rückständigem gesetzlichen Unterhalt, den der Schuldner vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährt hat, aus einem Steuerschuldverhältnis, sofern der Schuldner im Zusammenhang damit wegen einer Steuerstraftat rechtskräftig verurteilt worden ist sowie aus zinslosen Darlehen, die dem Schuldner zur Begleichung der Kosten des Insolvenzverfahrens gewährt wurden. Das dreijährige Restschuldbefreiungsverfahren kann für jeden Schuldner nur einmalig zur Anwendung kommen. Muss ein Schuldner nach Erteilung einer Restschuldbefreiung im Dreijahresverfahren erneut einen Insolvenzantrag stellen, so kann er im zweiten Verfahren erst nach fünf Jahren Restschuldbefreiung erlangen. Ein zweiter Insolvenzantrag ist zudem erst nach elf Jahren möglich.
Kosten
Das gerichtliche Verfahren über den Schuldenbereinigungsplan ist kostenpflichtig. Die Höhe der Gerichtsgebühren hängt von dem zu verteilenden Schuldnervermögen ab. Außerdem hat der Schuldner die gerichtlichen Auslagen für die notwendigen Zustellungen an die Gläubiger zu tragen.
Die Kosten des Insolvenzverfahrens setzen sich im Wesentlichen aus der Verfahrensgebühr und den anfallenden Veröffentlichungskosten sowie der Vergütung und den Auslagen des Insolvenzverwalters zusammen. Soweit das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreicht, um die Verfahrenskosten zu decken, und eine Restschuldbefreiung nicht offensichtlich zu versagen ist, sieht die Insolvenzordnung die Möglichkeit der Stundung vor. Wird diese bewilligt, kann dem Schuldner zusätzlich ein zu seiner Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet werden, wenn dies trotz der dem Gericht obliegenden Fürsorge erforderlich erscheint. Die Stundung und die Beiordnung eines Rechtsanwaltes kann nur erfolgen, wenn der Schuldner sie beim Insolvenzgericht beantragt. Die Stundung bewirkt, dass die Staatskasse die Kosten gegen den Schuldner nur nach den vom Gericht festgelegten Bestimmungen, in der Regel erst nach Erteilung der Restschuldbefreiung, geltend machen kann.
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