Mängel, Zeitverzug und fehlende Informationen
Main-Echo Pressespiegel

Mängel, Zeitverzug und fehlende Informationen

Glasfaserausbau: Bürgermeister im oberen Kahlgrund beklagen sich über die Deutsche Glasfaser - In Mömbris ein etwas anderes Bild
SCHÖLLKRIPPEN  Von un­se­rem Re­dakteur­JO­SEF PÖM­MERLDie Re­ak­ti­on der Bür­ger­meis­ter im obe­ren Kahl­grund ist ein­deu­tig: Sie sind mit der Ar­beit der Deut­schen Glas­fa­ser in ih­ren Ge­mein­den un­zu­frie­den. Im mitt­le­ren Kahl­grund gibt es al­ler­dings ein et­was ge­mä­ß­ig­te­res Bild. Den­noch: Zeitverzug, viele Mängel und eine desaströse Informationspolitik von Seiten des Glasfaseranbieters sind nur einige der Vorwürfe, die ein Gespräch mit fünf Bürgermeistern ergaben.
- Westerngrund: Seit Spätsommer 2023 ruht hier der Glasfaserausbau, seit sich die Deutsche Glasfaser von der Firma Imitel getrennt hat. Seitdem, so Bürgermeisterin Brigitte Heim (Wählergemeinschaft Wir), heiße es nur: Wir sind in der Unternehmerfindung. Eigentlich sollte der Glasfaserausbau im Dezember abgeschlossen sein. Hinterlassen wurden von der Firma Imitel verschiedene Schadensstellen, die behoben werden müssten: Setzungen bei Bordsteinen und Pflaster beispielsweise.
- Sommerkahl: Bürgermeister Albin Schäfer (CSU) wundert sich: »Haben die denn kein Interesse, Geld zu verdienen?« Seiner Schätzung nach wären nur noch zwei bis drei Wochen Arbeit notwendig, damit das Glasfaserkabel in Sommerkahl funktioniert. Die Hausanschlüsse seien verlegt, der Point of Presence (PoP) als lokale Technikzentrale fertig. Dennoch ruhen alle Arbeiten. »Im vergangenen Jahr waren sie so gut wie gar nicht da«, sagt Schäfer. »Wir bekommen immer nur die Aussage, dass sie keine Firma haben.« Dabei war ein Anschluss schon für Dezember 2022 zugesagt.
- Blankenbach: Für Blankenbachs Bürgermeister Matthias Müller (CSU), der selber als Planer gearbeitet hat, »fehlt es ganz klar an Planung«. Im Januar 2021 begann die Verlegung des Glasfaserkabels. Sechs Wochen vorher gab es ein sogenanntes Start-up-Gespräch mit der Baufirma. Dabei stellte sich heraus, dass diese nicht mit den Versorgern gesprochen hatte, wo deren Leitungen (Telefon, Gas, Strom) liegen. Bei den Plänen, die sie hatten, waren nicht einmal die Grundstücksgrenzen eingezeichnet.
PoP steht unter Wasser
Manches habe die Baufirma richtig gemacht, so Müller, vieles jedoch falsch. Vor allem wollten sie gleich den ganzen Ort aufgraben. Das habe man gestoppt. Inzwischen sind in Blankenbach zwar etliche Hausanschlüsse verlegt, viele fehlen aber noch. Vor allem fehlt die Zuleitung von Mömbris oder Krombach her. Der PoP in Blankenbach stehe wegen fehlerhafter Bauausführung unter Wasser. Das heißt, die gesamte Elektronik dort ist nur noch Schrott.
Müller kann den Unmut vieler Hausbesitzer verstehen. Die hatten sich auf die Zusage der Deutschen Glasfaser verlassen, die den Anschluss bis 2022, später bis September 2023 versprochen hatte, und kein Kupferkabel ins Haus verlegen lassen. Jetzt müssten sie auf teure Provisorien zurückgreifen, wenn sie Internet wollen. Auch fragt er sich, warum Hausbesitzer teilweise schon zwei Jahre warten, um Schäden an ihren Häusern ersetzt zu bekommen.
Ortsfremde Firmen beauftragt
- Schöllkrippen: Für Bürgermeister Marc Babo (CSU) ist »mit das Schlimmste, dass mein Informationsstand ist, dass ich keinen Informationsstand habe«. Zudem gebe es viele Mängel, die nicht abgestellt seien. Die Verkehrssicherungspflicht werde wohl von der Deutschen Glasfaser unterschätzt. Die Lagerplätze, die teilweise auf öffentlichem Raum liegen, würden momentan sich selber überlassen. Babo: »Unser Entgegenkommen wird ausgenutzt.«
Die Mängel lagen teilweise daran, dass fremde Firmen beauftragt wurden, die keinerlei Ortskenntnisse hatten. Als positives Beispiel nennt Babo Kleinkahl: Dort seien - von der Deutschen Telekom - Firmen beauftragt worden, die über Ortskenntnis verfügten. Der Ausbau dort sei völlig lautlos verlaufen. Er habe die Deutsche Glasfaser gebeten, doch ebenfalls ortsansässige Firmen zu beauftragen - vergeblich.
Auch habe er die Deutsche Glasfaser mehrmals angeschrieben, beim Ausbau der Aschaffenburger Straße bereits die Leitungen zu verlegen. Auch hier gab es keinerlei Reaktion. Inzwischen habe man dort auf eigene Kosten Leerrohre, sogenannte Speedpipes, verlegen lassen.
- Mömbris: Für Bürgermeister Felix Wissel (parteilos) bietet Mömbris ein differenzierteres Bild. In seiner Gemeinde ruhen die Bauarbeiten nicht. Momentan sei Winterpause, im März oder April soll es weitergehen. Bei ihm sei auch eine andere Baufirma tätig. Deren Arbeit sei sehr unterschiedlich. Ein Bautrupp arbeite vorbildhaft, andere dagegen deutlich schlechter. Es sei der Deutschen Glasfaser aber schwer zu vermitteln, dass man gerade die eine Kolonne behalten möchte.
In einigen Ortsteilen läuft es
Stirnrunzeln habe es in seiner Bauabteilung schon bei Baubeginn 2020 gegeben. Denn in nur einem Jahr wollte die Deutsche Glasfaser ganz Mömbris anschließen - bei 18 Ortsteilen und 90 Kilometern Straße schwer vorstellbar. In einigen Ortsteilen wie Dörnsteinbach und im Hutzelgrund - oder etwa im Nachbarort Geiselbach - funktioniert das Glasfaserkabel aber schon. Von hier höre man keine Beschwerden mehr.
In anderen Ortsteilen lässt der Ausbau dagegen auf sich warten. Dies sei nicht allein die Schuld der Deutschen Glasfaser. So sollte die Brücke über die Kahl zwischen Mömbris und Mensengesäß im Sommer saniert werden. Jetzt wurde dies auf Frühjahr 2025 verschoben. Erst dann kann dort das Glasfaserkabel verlegt werden.
Streit um Leerrohre
Vermutlich als letzter Ortsteil dürfte Schimborn ans Netz gehen. Denn hier hat die Gemeinde beim Ausbau der Ortsdurchfahrt Speedpipes verlegen lassen, die sie zum Selbstkostenpreis an die Deutsche Glasfaser verkaufen möchte. Doch die will lieber eigene Rohre verlegen. Das sei angeblich billiger, was etwa Matthias Müller angesichts stark gestiegener Baukosten nicht glauben kann. Die Deutsche Glasfaser argumentiert auch, die Speedpipes seien zu schmal. Bürgermeister Wissel vermutet hingegen, dass die Firma den Preis drücken will. Wissel: »Wir bleiben da dran.«
Der Mömbriser Bürgermeister verweist auf ein weiteres Problem: Die Hausanschlüsse werden in der Reihe der Bestellungen abgearbeitet. Wenn jemand später bestellt habe, werde er auch später angeschlossen, selbst wenn dies vorher problemlos möglich sei, weil vor seinem Haus schon für den Nachbarn aufgegraben wurde. Teilweise hätten Hausbesitzer schon angeboten, den Graben von dort bis zu ihrem Haus selber auszuheben - vergeblich.
Ärger an Bürgermeister
Der Ärger vieler Bürger sei daher verständlich, so alle Bürgermeister unisono, richte sich aber gegen die Falschen - nämlich gegen sie. Den Bürgermeistern werde vorgeworfen, sie würden zu wenig tun. Das stimme aber nicht. Die Gemeinden im oberen Kahlgrund haben zum Beispiel einen eigenen Bauüberwacher eingestellt - diese Aufgabe müsste eigentlich die Deutsche Glasfaser übernehmen. Inzwischen habe man auch einen Anwalt beauftragt, die Beseitigung der Mängel durchzusetzen.
Zudem würden die ständigen Verhandlungen mit der Deutschen Glasfaser viel Arbeitszeit in Anspruch nehmen und die Verwaltungen überlasten. Zeit, die oft vergeblich sei. Felix Wissel: »Die Ausbaupläne, die wir auf unserer Homepage dann veröffentlichen, sind oft schon vier Wochen später Makulatur.«
Neuen Anbieter suchen?
Sollte man sich nicht einen neuen Anbieter suchen? Das verneinen alle Bürgermeister. Zum einen sei der Ausbau weit fortgeschritten, zum anderen erfolge dieser für die Gemeinden kostenlos. Selbst wenn er zum Beispiel 90 Prozent der Ausgaben als Zuschüsse erhalte, so rechnet Bürgermeister Matthias Müller vor, müsste Blankenbach 350.000 Euro investieren - Geld, das die Gemeinde nicht hat.
Auch die Bürger würden profitieren, so Brigitte Heim. Denn die Deutsche Glasfaser übernehme die Kosten für den Hausanschluss. Bei anderen Anbietern müsse man dafür 900 Euro und mehr bezahlen. Zudem verweisen alle Bürgermeister darauf, dass die Telekom es abgelehnt habe, ländliche Gemeinden auszubauen. Laut Bürgermeister Albin Schäfer lese man oft, dass andere Anbieter auch nicht besser arbeiten.


22.02.2024
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