Pilotprojekt im Kahlgrund: Düngen gegen Überschwemmungen
Main-Echo Pressespiegel

Pilotprojekt im Kahlgrund: Düngen gegen Überschwemmungen

Umwelt: Im oberen Kahlgrund ist ein ungewöhnliches Pilotprojekt angelaufen - Kalk soll Boden auflockern
Krombach  Mit Kalk ge­gen Sturz­flu­ten und Schlammla­wi­nen. Da­zu ist jetzt im obe­ren Kahl­grund ein groß­flächi­ger, auf fünf Jah­re an­ge­leg­ter Ver­such an­ge­lau­fen. Pro­jekt­trä­ger für das in der Land­wirt­schaft bis­her ein­ma­li­ge Pi­lot­pro­jekt ist die kom­mu­na­le Al­lianz Kahl­grund-Spess­art, die auch den Groß­teil der Kos­ten von 50.000 Eu­ro trägt. Ge­för­dert wird das Pi­lot­pro­jekt vom Amt für länd­li­che Ent­wick­lung.

Grob gesagt geht es darum, die Böden wieder wasserdurchlässiger zu machen, erklärt Joachim Omert vom Amt für Ländliche Entwicklung (ALE). Dies soll mit Kalk erfolgen, der auf die Äcker aufgebracht wird. Der Kalk bewirkt, dass sich feine Bodenpartikel zu größeren Klumpen zusammenbinden. Der Boden wird dadurch grobkörniger, Wasser kann besser eindringen. Das soll sowohl gegen Trockenheit helfen, wie auch gegen die Gefahr, dass der wertvolle Humus bei Starkregen weggeschwemmt wird.

Anlass für den Versuch war das Starkregenereignis vom Mai 2017 im oberen Kahlgrund, bei dem es große Schäden durch abfließendes Oberflächenwasser gab, erklärte der Schöllkrippener Bürgermeister Marc Babo (CSU), Vorsitzender der Kommunalen Initiative. Schlammlawinen ergossen sich damals beispielsweise auf den Friedhof Niedersteinbach oder durch den Rohrgrund nach Schneppenbach. Große Mengen an Ackerböden wurden weggeschwemmt.

Daraufhin hat die Kommunale Allianz Kahlgrund-Spessart eine "Studie zum Boden- und Gewässerschutz im Kahlgrund" an das Büro für multifunktionale Umweltplanung und Beratung UP&B in Hüttenberg vergeben. Das Büro legte seinen Abschlussbericht zum Jahresbeginn 2020 vor.

Wie Christin Omert erläuterte, wurde laut dem Bericht bei Bodenuntersuchungen festgestellt, dass die landwirtschaftlich genutzten Böden im Bereich der Kommunalen Allianz breitflächig kalk- und humusarm sind. Dagegen weisen die Böden - geologisch bedingt - einen sehr hohen Magnesiumgehalt auf. Dieser Magnesiumgehalt bewirkt ein instabiles Bodengefüge und führt zu einer Oberflächenverschlämmung. Die Aufbringung von regional verfügbarem Kalkdünger mit einem hohen Magnesiumgehalt habe dieses ungünstige Verhältnis von Kalk und Magnesium im Boden über Jahre weiter verschlechtert.

Dies alles führt laut Omert zu der Annahme, dass die derzeit vorherrschende Bewirtschaftung, speziell die Kalkversorgung, die Standortbedingungen im Kahlgrund nicht widerspiegelt. Drei Landwirte haben nun Flächen für das Pilotprojekt zur Verfügung gestellt: Thomas Blöthner (Westerngrund), Wolfgang Schudt und Günter Zang (beide Schöllkrippen).

Angelegt werden insgesamt vier Demoflächen mit einem Gesamtumfang von fünf Hektar in Schöllkrippen, Westerngrund und Krombach mit jeweils fünf Kalkungsvarianten. Die Flächen sind jeweils durch einen Streifen getrennt, der die Breite eines Mähdreschers hat. Denn schließlich soll auch gemessen werden, welche Auswirkungen die Kalkung auf die Ernte hat. Angebaut werden ganz normale Feldfrüchte wie jetzt etwa Winterweizen.

Alle Flächen sind digital mit ihren GPS-Daten erfasst. Die Traktoren und Mähdrescher fahren selbstständig per GPS gesteuert. Dadurch ist es möglich, Jahr für Jahr immer die gleichen Stellen auf den großen landwirtschaftlichen Flächen zu düngen und getrennt abzuernten.

Alle Flächen wurden bereits 2019 und 2020 auf ihre Bodeneigenschaften hin untersucht. Bei den verschiedenen Kalkungsvarianten, die jeweils fünf Jahre lang aufgebracht werden, handelt es sich um Mischungen von Dolomit-, Gips- und kohlesaurem Kalk sowie Flächen, auf die reiner Branntkalk aufgebracht wird.

Die aufgebrachten Kalkmengen richten sich nach den Ergebnissen der 2019 erfolgten bodenchemischen Untersuchungen sowie der Düngungsempfehlung der üblichen Bodenstandarduntersuchung, die nach Ansicht von Omert das Magnesium nur ungenügend erfasst. Vor allem interessiert die Frage, wie die Bodenstruktur über mehrere Jahre auf die verschiedenen Kalkdünger und -mengen reagiert. Zur Überprüfung gibt es auch eine Nullfläche, auf der auf jegliche Kalkung verzichtet wird.

Aus diesen Ergebnissen sollen Empfehlungen an die Landwirte für eine standortgerechte Kalkung erarbeitet werden. Zur Sensibilisierung der Landwirte, was eine standortangepasste Bodenbewirtschaftung angeht, ist auch ein jährlicher Feldbautag geplant, auf dem entsprechendes Wissen weitergegeben wird. Letztlich geht es aber auch um die Vermeidung von Personen- und Sachschäden bei Starkregenereignissen.

Hintergrund: Weitere Maßnahmen zum Hochwasserschutz

Die Ergebnisse der Studie "Boden- und Gewässerschutz im Kahlgrund" fließen nicht nur in dem jetzt gestarteten Pilotprojekt zur Bodenkalkung ein. Andere Handlungsempfehlungen, was etwa den Bau von Flutgräben und Rückhaltebecken angeht, werden im "boden:ständig-Projekt Kahlgrund" - abgekürzt b:s-Projekt - umgesetzt. Dabei geht es darum, mit Maßnahmen zum Wasserrückhalt und zur Wasserführung den Wasserhaushalt in der Landschaft zu verbessern. Zur Umsetzung wurde das Büro GeoTech-Team aus Bayreuth im September mit der Erstellung eines Maßnahmenkatalogs sowie der Planung von konkreten Maßnahmen beauftragt. Sobald hier erste Ergebnisse vorliegen, sollen auch diese vorgestellt werden.

13.11.2020
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